Battlemaps sind in den meisten Pen-and-Paper-Runden so essenziell wie die Snacks am Spieltisch. Dennoch sollte sich jede Spielleitung die Frage stellen, ob ein umfassend ausgespielter Kampf an der konkreten Stelle gerade Sinn für die gemeinsame Spielrunde macht. Ein paar Inspirationen.
Mit aufwendigen Kartenzeichnungen, liebevoll bemalten Miniaturen und einem großen Repertoire an Zubehör wird die Fiktion detailliert zu Tisch gebracht und eine Geschichte darüber erzählt. Da für viele Spieler:innen die Vorbereitung der Runden, das Gestalten der Karten und das Bemalen von Miniaturen Teil des Hobbys selbst sind, übertreffen sich die Kreationen oft gegenseitig.
In diesem Artikel geht es jedoch um das Gegenteil hiervon: Eine Ode an das minimalistische Spiel ohne Battlemap. Damit sind ausdrücklich keine Karten zur Visualisierung und zum Worldbuilding gemeint – vielmehr möchte ich auf Spielrunden eingehen, die spontaner und ohne viel Equipment durchgeführt werden können. Dabei gilt wie immer, dass nicht ein Spielstil »der richtige« ist, sondern vielmehr für unterschiedliche Gruppen und Situationen jeweils der richtige Spielstil existiert. Wir betrachten heute ein storytelling-lastigeres Spiel und Runden mit wenig Equipment (aus praktischen Gründen, etwa Reisen oder Locations ohne großen Spieltisch).
Insbesondere Kämpfe in Spielen wie Dungeons & Dragons basieren laut den Regelwerken oft auf den präzisen Positionen der Charaktere in einem Kampfbereich, was unter normalen Bedingungen den Einsatz einer Battlemap mit Raster beinhaltet. Ausgehend davon lassen sich die Distanzen ermitteln, mit denen die Reichweite von Waffen und Zaubern eingeschätzt werden kann. Ob für die konkrete Ausgestaltung eine künstlerische Battlemap mit Tokens oder ein Flipchart-Papier mit Gummibärchen als Token genutzt wird, spielt regeltechnisch keine Rolle. Solange sich die Karte in kleinere Einheiten unterteilen lässt, ist sie gut geeignet. Für 5e werden meist Quadrate von (projizierten) 1,50 m verwendet, alternativ sind auch Hexfelder beschrieben (die objektiv betrachtet mehr Sinn ergeben, da die Distanzen auch in der Diagonale gleich sind).
Dennoch sollte sich jede Spielleitung die Frage stellen, ob ein umfassend ausgespielter Kampf an der konkreten Stelle gerade Sinn für die gemeinsame Spielrunde macht. Muss für jede Begegnung mit einem Goblin-Trio die Battlemap ausgebreitet, Initiative gewürfelt und der Kampfablauf exakt nach Lehrbuch durchlaufen werden? Unendliche Würfelrunden nach dem Ablauf »Bewegen, Angriffswurf, Schadenswurf« ohne Möglichkeit der sonstigen Einflussnahme halten die Runde oft auf und bringen größtenteils nur wenig Mehrwert in den Spielabend.
Ich bin ein Freund davon, möglichst viele Tätigkeiten mit »Common Sense«, also dem gesunden Menschenverstand, abzuhandeln. Große, regellastige und durchgetaktete Kämpfe schaffen tolle Held:innen-Momente – und sollten genau deshalb nicht zu inflationär eingesetzt werden. In vielen Fällen kann sehr plausibel auch mit Proben gearbeitet werden: Wenn die vierköpfige Gruppe eine einsame Goblinwache vor der Tür ausschalten möchte, benötigt man dafür nicht zwingend eine Initiative. Weniger ausbremsend wäre eine kreative Kombination verschiedener Proben, die sich die Gruppe innerhalb der Fiktion überlegt: »Eine Person lenkt den Gobelin mit einer Minor Illusion ab, während ihn zwei von uns an den Armen festhalten, woraufhin ihn die vierte Person mit dem Seil fesselt.«. Hier wurde die Situation flüssig und ohne großen Wechsel zwischen Regeln und Fiktion gelöst. Die Probe zur Ablenkung könnte ein Weisheits-Rettungswurf durch die Spielleitung sein, da die Minor Illusion zwar gelingt, aber noch nicht klar ist, ob der Goblin wirklich abgelenkt wird.
Ein minimalistischerer Kampf kann das Spielerlebnis in einigen Situationen oder gar ganzen Kampagnen bereichern. Etwa, wenn gerade keine Gelegenheit besteht, einen Spieltisch zu nutzen, die Gruppe lieber Storytelling betreibt, als Regeln anzuwenden, oder weil man einfach in der Situation auf einzelne Regeln verzichten möchte.
Bedenkt bei allen Überlegungen, dass die Regeln nur dem Unterstützen eurer Fiktion dienen sollen und nicht reiner Selbstzweck sind (außer, man hat genau daran Freude – der Übergang zwischen Pen-and-Paper-Spielen und vollausgestatteten Tabletop-Miniatur-Landschaften ist fließend). Wer mit Freunden im Wanderurlaub ist und abends in der Unterkunft eine Runde spielen möchte, oder am Lagerfeuer im Garten sitzt, kann mit vereinfachten Kampfregeln wunderbar loslegen, auch ohne Token auf der Battlemap. Die Charakterbögen und ein Stift genügen.
Ein paar lose Beispiele:
Obsolet werden Karten damit nicht. Sie dienen in allen Fällen als Inspiration für die Gruppe und transportieren das Gefühl des Settings. Taktische Vorgehen können bei guter Durchführung auch ohne Token durchgeführt werden, solange sie für alle Beteiligten in der Fiktion schlüssig sind. Das Kartenzeichnen selbst ist eine gute Beschäftigung, die sehr beruhigend und inspirierend sein kann. Zudem ist das Zeichen und Gestalten von Karten ein weiterer Kanal der Spielleitung, ihre Vorstellung der Fiktion mit der Gruppe zu teilen.
Wie in den meisten Situationen hilft auch hier das Gespräch mit der Gruppe. Welche Teile eines Kampfes machen der Gruppe besonders viel Spaß, und welche ziehen sich unnötig in die Länge? Es kann nie schaden, die eigenen Gewohnheiten zu hinterfragen und ausbremsende Regeln einfach wegzulassen.